Gespannte Aufmerksamkeit in der 1. Verhandlungsrunde |
Am Donnerstag dem 30. März 2017 fand in Düsseldorf die 1. Tarifverhandlung für die 170.000 Beschäftigten in der Versicherungswirtschaft statt.
Die Tarifparteien sind in der Einschätzung der wirtschaftlichen Situation in Deutschland und in den Versicherungsbetrieben erstaunlich einig: Es gibt ein stabiles Wirtschaftswachstum, die Beschäftigung ist gut und die Reallöhne haben sich in den letzten Jahren besser entwickelt als in den Jahren zuvor.
Die Schlussfolgerungen waren jedoch unterschiedlich.Während die ver.di Verhandlungskommission darlegen konnte, dass die wirtschaftliche Entwicklung seit 2010 maßgeblich von der positiven Reallohnentwicklung abhing, fielen die Arbeitgeber in längst wiederlegte Behauptungen zurück:
„Reallohnzurückhaltung schafft Arbeitsplätze!“ Die Arbeitgeber verstiegen sich sogar zu der Behauptung, ohne einen neuen Tarifabschluss hätten die Beschäftigten –wegen der Erhöhung im Oktober 2016- schon 1,5% mehr in der Tasche als im letzten Jahr.
„ Alternative Fakten“ jetzt auch in Tarifverhandlungen?
Auch beim zentralen Thema der diesjährigen Tarifverhandlungen stand die Einigkeit der Tarifpartner zunächst im Vordergrund.Die Digitalisierung wird auch in der Versicherungswirtschaft zu radikalen Veränderungen führen. Daher müsste es darum gehen, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen und ihrer Beschäftigten für die Zukunft zu erhalten. Einigkeit gab es bei der Einschätzung, dass diese Entwicklung die wesentlichen Interessen der Beschäftigten berührt.
Wieder waren aber die Schlussfolgerungen sehr unterschiedlich: Für die Arbeitgeber erhöht die Digitalisierung den Kostendruck, jeder Euro auf der Kostenseite müsse herumgedreht werden, um die nötigen Investitionen tätigen zu können.Man könnte auch sagen: “Die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen soll von den Beschäftigten mit dem Verlust ihres Arbeitsplatzes bezahlt werden.“
Wenn weitere Regelungsnotwendigkeiten erforderlich wären, dann könnte dies viel besser mit den betrieblichen Mitbestimmungsgremien erfolgen.Dem widersprach die ver.di-Verhandlungs-kommission deutlich, denn mit betrieblichen Regelungen würden die Unternehmen den Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten über die Absenkung der Qualität von Schutzregelungen führen.
Deshalb hat die ver.di Verhandlungskommission noch einmal energisch die Forderungen nach einem Zukunftstarifvertrag vertreten.
Kernforderungen des Zukunftstarifvertrages Digitalisierung sind:
• Ausschluss betriebsbedingter Beendigungskündigungen bis zum 31.12.2020
• Kollektive Arbeitszeitverkürzung bei geplanten Stellenabbaumaßnahmen mit Teillohnausgleich
• Individueller Rechtsanspruch auf Umwandlung der Sonderzahlungen in Freizeit
• Rechtsanspruch auf Altersteilzeit in Unternehmen, die Personalabbau planen
• Vermeidung von Mehrabreit, Zuschläge in Freizeit
• Rechtsanspruch auf Reduktion oder Erhöhung der Arbeitszeit in einem Rahmen von 19 bis 38 Stunden in der Woche
• Einrichtung eines gemeinsamen Qualifizierungsfonds für berufliche Bildungsmaßnahmen, Finanzierung durch Arbeitgeber
• Bezahlten Qualifizierungsanspruch von 10 Arbeitstagen jährlich
• Regelungen zu mobilem Arbeiten und zur Telearbeit
Auch dieses wollten die Arbeitgeber „einmal mitnehmen“ und bewerten. Im Übrigen würden auch sie Vorschläge für die zukünftige Gestaltung der Tarifverträge in der Versicherungswirtschaft vorlegen. Vor der nächsten Tarifverhandlung am 05.05.2017 wollen sie uns diese übersenden.
Schon erstaunlich: Obwohl die Arbeitgeber die Forderungen von ver.di seit Wochen vorliegen haben, können sie sich erstmals nach der ersten Verhandlungsrunde mit diesen befassen.
Wertschätzung für die Leistungen der eigenen Beschäftigten sieht anders aus!
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